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Ordnungsblog - Aufräumen nach KonMari, Ordnung schaffen, Minimalismus

Film: „My stuff“ vs. „100 Dinge“

Heute möchte ich zwei Filme beleuchten, die ich kürzlich gesehen habe. "My stuff" (2015) und "100 Dinge" (2018) drehen sich einmal in Form einer Dokumentation und einmal als Spielfilm um ein interessantes Minimalismus-Experiment und stellen die Frage, was wir wirklich zum Leben brauchen und ob uns Dinge glücklich(er) machen können. Und besitzen wir die Dinge oder die Dinge eher uns? Wie wirken sie sich auf unsere Beziehungen aus? Lesen Sie in diesem Blogbeitrag, was ich von den beiden Filmen halte.

Zuerst sah ich den dokumentarische Film „My stuff“ (2015) aus Finnland. Der Protagonist Petri ist Mitte 20 als seine Freundin ihn verlässt. Er versucht sich mit Kaufen von Dingen zu trösten, merkt aber, dass er dadurch eher gestresster als glücklicher wird. Er beschließt ein radikales Experiment zu wagen: Petri lagert seinen kompletten Besitz (wirklich alles!) in einem Self-Storage ein und darf jeden Tag nur ein Ding zurückholen – und das ein Jahr lang. Er beginnt in seiner leeren Wohnung bei null, wir sehen ihn auf dem blanken Boden liegen und Schutz an der Heizung suchen. Als erstes holt er dann folgerichtig im finnischen Winter einen Mantel, den er als Ganzkörperkleidungsstück wie auch als Decke benutzen kann. Seine wirklich tollen Freunde versorgen Petri mit Lebensmitteln. Sie transportieren mit ihm auch größere Dinge mit wirklicher Engelsgeduld aus dem Self-Storage zurück in die Wohnung. Nach einigen Tagen holt Petri seine Matratze zurück und man spürt mit voller Wucht, welch unglaubliche Steigerung der Lebensqualität dies für ihn mit sich bringt. Dann wird es hochinteressant: Bereits nach wenigen Nächten zieht Petri die Bremse und holt für viele Tage am Stück garnichts mehr aus dem Lager! Wirklich faszinierend, wie schnell die drängendsten Grundbedürfnisse gedeckt waren. Den ganzen Inhalt möchte ich hier nun nicht verraten – nur so viel: Der Film regt zum nachdenken an, was im Leben essentiell ist. Einige die mitgeschaut haben hatten spontan Lust, ein ähnliches Experiment zu starten. Und noch etwas wurde wieder deutlich: Dinge kosten Zeit und Geld. Sobald die Waschmaschine wieder in Petris‘ Wohnung Einzug hält und prompt einen Wasserschaden verursacht, muss er sich zeitraubend darum kümmern!

Der Zufall will es, dass im Kino gerade ein Film angelaufen ist, der auf den ersten Blick von der Geschichte her sehr ähnlich klingt, nämlich „100 Dinge“ mit Florian David Fitz und Matthias Schweighöfer. Dass hier viele Motive vom älteren „My stuff“-Film übernommen wurden, wird erst gar nicht verborgen. Im Gegensatz zu „My stuff“ im Spielfilmformat erleben wir, wie zwei Freunde und Geschäftspartner zu Rivalen in einem Minimalismus-Wettstreit werden. Alle Dinge aus ihren beiden Wohnungen in Berlin werden eingelagert und 100 Tage lang darf jeweils nur ein Gegenstand aus dem Lagerraum geholt werden. Um das Experiment spinnt sich Hollywood-mäßig noch eine Liebesgeschichte und diverse geschäftliche Verstrickungen der beiden, die eine neuartige App erfunden und herausgebracht haben, die Investoren aus den USA anziehen. Im Film kommen Minimalisten leider nur einmal vor und werde in dieser Szene als Öko-Hippies in kratzigen Pullovern dargestellt, die nicht ernst zu nehmen sind. Schade. Auch einen Seitenhieb auf eine vegetarische Lebensweise kann sich der Film nicht verkneifen. Irgendwie am Thema „anders leben“ kratzen, aber bloß noch mainstreamtauglich! Hier wurde eine Chance vertan, tiefgründiger ins Thema „weniger ist mehr“ einzusteigen. Trotzdem war es unterhaltsames Popcornkino. Wer nur einen Film sehen möchte, dem sei trotzdem „das Original“ – My Stuff – ans Herz gelegt!

 Popcorn